DIDIMOS : Erst mal vielen Dank, dass du mir ein Nurton gibst …
PHOTON : Ich habe das angefragt.
DIDIMOS : … immerhin wirst du als Interview-, Bild- und Medienscheu angesehen?
PHOTON : ‚Abscheu‘ wäre eher richtig. Ich halte überhaupt nichts von der Panikkommunikation, ich will mein Gesicht nicht auf irgendwelchen Castern sehen. Aber deswegen bin ich nicht hier.
DIDIMOS : OK. Um Spekulationen vorzubeugen, wir sind verwandt …
PHOTON : Entfernt. Auch deswegen bin ich nicht hier. Ich mag euer DIDIMOS, ihr scheint kein Lobbyverein zu sein. Ihr glaubt noch an sowas wie das denkende Individuum, auch wenn’s weh tut. Nicht nur an denkende Expert:Innen. Ich hoffe, du hörst die triefende Ironie.
DIDIMOS : Du wolltest mit mir über die Explosion der MORGENSTERN 1 reden, deinem …
PHOTON : Nicht ‚meinem‘. Das MORGENSTERN-Projekt ist ein Kompromiss, wie es alle Großprojekte sein sollten, viele sind daran beteiligt. Der „Besitz“ …
DIDIMOS : Vielleicht erzählst du einfach mal los …
PHOTON : Ja. Danke. Gut. Es wurde viel über das MORGENSTERN-Projekt gekastet. Der Grundgedanke ist einfach. Wir wollen Filterelemente ins Weltall bringen, um den Erwärmungseffekt abzufedern und umzukehren. Mein relevantes Wissen in dieser Hinsicht ist nicht groß, war es besonders am Anfang nicht. Ich präsentierte die Idee ein paar Leuten …
DIDIMOS : Die Wulff-Sphäre. Du hast die Idee der Wulff-Sphäre entwickelt und Mitstreiter gefunden …
PHOTON : Ich hatte die Idee, das der Schatten von Segeln im Weltall die Erde kühlen könnte, und die hatte ich von einem alten Sci-Fi-Roman. Nach dem Mist mit der Solarrose. Lass mich ausreden. Die Idee der Sphäre, wir nennen sie Kokon, entwickelte sich in Gesprächen mit anderen Leuten. Sie nach mir zu nennen war Idee der Massenmedien. Die Idee ist das Ende der alten Natur, die Schaffung einer Hybridwelt für … Das ist aber Zukunftsmusik. Die MORGENSTERN 1 sollte die ersten Bauteile für das Pilotsegel in die Umlaufbahn bringen …
DIDIMOS : … doch sie ist unterwegs explodiert.
PHOTON : Und ich bin heute hier, um für Unterstützung für einen neuen Versuch zu werben. Ich bitte alle, die dies konsumieren, spendet einen Betrag für den Neuversuch. Die Teile für ein zweites Segel stehen bereits bereit. Aber wir wollen eine Million Unterstützer. Wie beim ersten Mal. Der beigetragene Betrag ist zweitrangig. Ich bitte um Unterstützung.
DIDIMOS : Warum? Du könntest einfach zu einer Stiftung gehen, da gibt es genug Mittel. Ich würde sagen, du hättest schon alleine Geld genug …
PHOTON : Ich habe mir abgewöhnt, einfach meine Überzeugungen mit Zahlungsmitteln durchzusetzen. Ich möchte in einer … anderen Welt leben. Ich bin sicher, mit „aufgeklärten Eliten“ ist die für mich nicht zu machen. Mit Vernunft von oben. Mit der bequemen Einteilung in „relevante“ und „irrelevante“ Menschen. Nein. Das habe ich lange genug geglaubt …
DIDIMOS : Da möchte ich nochmal nachhaken …
PHOTON : Später. Ich sage solche Dinge nicht gerne, aber ich denke, das MORGENSTERN-Projekt ist wirklich wichtig. Und ich glaube, die Explosion war kein Zufall. Es gibt viele Lobbys, die gegen uns sind. Manche haben verständliche Bedenken …
DIDIMOS : … die Auswirkungen auf das Klimageschehen könnten unvorhersehbar sein …
PHOTON : Nochmal: Alles ist so gemacht, dass wir MORGENSTERN jederzeit runterfahren können. Die Segel sind dimmbar. Der Effekt kann kontrolliert werden. Ich … MORGENSTERN ist keine Gefahr.
DIDIMOS : Gut. Aber wer entscheidet, wann abgebrochen wird?
PHOTON : Die Unterstützer. Jeder, der uns unterstützt, hat eine Stimme. Im Notfall die Sachlage.
DIDIMOS : Ihr habt eine basisdemokratische Projektleitung entwickelt …
PHOTON : Und es ist kein Geheimnis, dass jede Regierung und fast jede große Institution auf diesem Planeten genau deswegen gegen uns ist. Sie sind nicht unsere Partner. Sondern die Menschen; und ich sage hier bewusst nicht ‚die Menschheit‘. Weil wir offen sind, sind die Technokraten gegen uns, nicht wegen technischer Bedenken. Die Relis sind ohnehin gegen uns. Ich sage es nochmal: Ich denke, wir wurden sabotiert. Deswegen ist Eile geboten. Denn sicherlich braucht … Die Vorbereitung der Sabotage hat sicher Zeit gekostet. Wir sollten schnell wieder starten. Aber deswegen werde ich nicht das Ideal des gemeinsamen Projekts aufgeben. Ich werde mich nicht zwingen lassen … Wir sollten uns nicht zwingen lassen, unsere Ideale aufzugeben, uns dem „alternativlosen“ Denken hinzugeben. Wie du sagtest: Die Mittel für den Start sind vorhanden. Aber wir benötigen die Unterstützung. Weil wir eine neue Gesellschaft wollen.
DIDIMOS : Gut. Lass uns etwas über deinen Hintergrund reden …
PHOTON : Wenn es der Sache dient …
DIDIMOS : Du hast es versprochen. Also … Wieso dieses Bestehen auf eine Beteiligung der, sagen wir mal, Unbeteiligten? Des ‚Wahlviehs‘, um es böse zu sagen? Du warst früher als Turbokapitalistin bekannt.
PHOTON : Das ist lange her. Stimmt aber. Ich war eine vom Schicksal verwöhnte Anywhere, habe Verwandte aus der ganzen Welt, Verbindungen. Eliteschulen, Begabten-Schnellstudium, und so weiter. Aber dann … dann fand ich … einen guten Freund. Mit dem ich herausgefunden habe, dass Star sein leer, und dass unsere Lobbygesellschaft eher asozial ist. Die meisten Ellies denken ja, sie sind ‚an ihrem Platz‘ und tun von dort Gutes. Ellies, Rellis, alle gleich.
DIDIMOS : Nachdem du in den 20ern im damaligen Start-Up-System schwerreich geworden warst, wolltest du die Welt mit einem zentralen Solarkraftwerk in der Wüste Gobi retten. Dazu wolltest du eine Art Weltverwaltung einrichten, die klimafreundlichen Strom …
PHOTON : … an brave Staaten verteilt und solche, die nicht spuren, mit höheren Preisen bestraft. Ja. Die Ruine der Anlage gilt als das neunte Weltwunder. Ich habe damals so viele … korrupte Gutmenschen getroffen, die für … Aber lassen wir das. Nach dem Ende der Solarrose war ich … fragil. Damals traf ich auf Ira. Ira Levant. Ich bin heute nicht mehr ganz ‚seiner‘ Meinung. Aber Ira zeigte mir, wie ich auf meinen ganz eigenen Holzweg gekommen war … Oder besser, ich habe das in jener Zeit verstanden.
DIDIMOS : Das konntest du mir nie richtig erklären …
PHOTON : Das werde ich auch heute nicht können. Und ich will auch nicht darüber sprechen.
DIDIMOS : Du hast damals deinen Namen geändert. Warum?
PHOTON: ‚Elisabeth‘ war einfach meine Vergangenheit. ‚Photon‘ klingt nach Licht, Teilchen und Welle zugleich, nach einem Geheimnis, einem sich öffnenden Buch. Deswegen. Um mich … an mich zu erinnern ….
(PHOTONS ASSISTENT BUZZT)
DIDIMOS : Leider mussten wir das Gespräch an dieser Stelle unterbrechen. Photon Wulff hat mir aber eine Fortsetzung versprochen …