Anfang des Monats war es soweit: KRASSMACHER droppte ein Relaunch des kultigen Machwerks DUNER! Für alle, die sich nicht erinnern: DUNER war die erste IM-Version des klassischen Zukunftsromans von Frank Herbert, „Dune“, der bald seine 100 auf dem Buckel hat. Randnotiz, die Krassmacher waren prägend an dem Projekt beteiligt, das zuerst floppte. Die KRASSMACHER wurden gefeuert, gründeten KRASSMACHER und die Rechte für DUNER wurden ihnen nachgeworfen. Etwas später wurde das Ding kultig. Aber das Relaunch ist kulter! Und es hat ein dickes +; es geht jetzt über die ganze Originaltrilogie! UND wer sich das Ding sichert, kriegt kostenlos einen Code für die kompletten Dune-Romane von Herbert (6 Stück, ich kannte bis dahin nur den ersten)! Rad für Leute wie mich. Ihr merkt’s schon. Dies wird keine Detailbesprechung des neuen DUNER, aber kurz die Charms: Erweiterung um zwei Storylines, habe ich ja schon erwähnt; die Gender-/Ethno-Engine ist granularer, nun kann absolut jede Figur an die eigenen Vorstellungen angepasst werden; die Presets Classic/Femwelt/Fair gibt es weiter. Der eigene Ava ist ultraanpassbar, das Rollenwechselfeature wurde stark erweitert (kein Wunder, bei dem Megaumfang jetzt). ABER der HAMMER ist Irulan! Die Figur ist nicht nur emotional überzeugend als überheblich-hingegebene Fanfluencerin des Imperator-Messias Paul Arteides (dazu später mehr) und begleitet Spielerinnen als Chapa durch die Duner-Welt. Sie fühlt sich auch rad authentisch Bene Gesserit an, selbst als Male Version. Echt, sie sprach mich ganz persönlich an, bemerkte meine Tendenzen, bot an, mich auszubilden! Ich starrte stundenlang auf meine Hände: … werdet alt … werdet jung … (Für alle storyfremden, sorry) während sie mir zusah: „Geduld!“ Jaja, ich bin ein Freak-o. Aber wie gesagt, DUNER selbst ist nicht mein Thema heute. Ich möchte über die Geschichte der Dune-Rezeption schreiben, auch wegen folgendem Zitat, das die Chappa bei meiner Erstimmo in der Einführung anbrachte:
„Die Grenzen des Überlebens werden durch das Klima gesetzt, durch lange Phasen des Wandels, die eine Generation vielleicht nicht bemerkt. Es sind die Extreme des Klimas, die das Muster vorgeben. Endliche Menschen können lokale klimatische Eigenheiten, Schwankungen des jährlichen Wetters beobachten und bemerken gelegentlich Dinge wie: „Dieses Jahr ist’s kälter denn je.“ Solche Dinge sind sinnvoll. Aber die Menschen werden nur selten auf den sich verändernden Durchschnitt über eine große Zeitspanne von Jahren aufmerksam gemacht. Und genau durch dieses Aufmerksammachen lernen die Menschen, wie sie auf einem Planeten überleben können. Sie müssen Klima lernen.“
Hammerhammer, oder? Und das in den 1960ern! Schade, dass damals nur Freak-Os sowas lasen. Gleich drängte sich eine Frage auf. Warum hat die Klimabewegung der 20er Dune nicht für sich entdeckt? Oder hatte sie? Es ist so lange her …
Ich beschloss, in die Dune-Rezeption und Vermarktung einzutauchen. Zuerst sah ich mir die Filme an, Meta-Rezeptionen des Texts. Der erste von 1984 (!) hatte sehr putzige Effekte und verstörte mich. Der Film von einem David Lynch war nicht nur unfertig, er wagte es auch, das Verhältnis zwischen Held Paul Artreides und den Fremen als irgendwie Leader-Volk darzustellen, als zumindest grenzfaschistisch. Das war in meinem Erlebnis als Teenager, bei IM und Text, nicht der Fall. Also interessant. Recherchierte weiter. Teile von DUNER beruhten auf noch früheren gescheiterten Plänen für eine Verfilmung. Dann gab es ziemlich öde Fernsehserien und in den 20ern dann doch eine ödere Verfilmung in drei Teilen, die mich schon im ersten Teil verlor, so zeittypisch bieder, gezwungen diverscool und gedankenlos wirkte sie auf mich. Auch fand ich keine Hinweise auf ein Interesse der Klimabewegung an der Dune-Verfilmung. Allerdings überraschte mich, dass sie, einigen Texten zufolge, viele der damaligen Rassos ansprach – warum? Hatte dieser Lynch mit seinem unfertigen Film recht?
Im Grunde wurde da gesagt, Rassos mochten Dune, da eine Geschichte über einen „weißen Messias“ erzählt wird (allerdings erst in der 20er-Verfilmung, in den anderen Verfilmungen und im Text gibt es keine merklichen Ethnotypes – schräges Detail). Als ich dann auf Spurensuche die Romane las, fand ich, das stimmt so nicht – der „Heldencharakter“ des Romans ist gebrochen, nicht unbedingt ein Held, er und seine Familie werden als Teil eines elitären Systems dargestellt. Alle, selbst meine Lieblingsfigur (Lady Jessica) sind zu schwach, um auszubrechen. Sie alle verspielen nicht nur ihr eigenes Glück, sondern auch das ihrer Kinder, werden gar zu Bannerführern eines interstellaren Jihad – mit dem schrägen Hinweis, dass dieser das kleinere Übel sein soll. Irgendwann merkte ich, dass die „Atreides“, das feudale Herrscherhaus, antike Vorfahren haben konnte. Aus dem Haus „Atreus“ stammten Agamemnon, Orestes, Elektra – ich habe nicht alle diese Geschichten nachgeschlagen, aber es geht immer um Tragödie, um ein unausweichliches Schicksal. Tatsächlich ist in Dune von dem „terrible purpose“ einer „race conciousness“ die Rede, allerdings als einer grausamen, das Individuum vernichtenden Sache (meine Lesart, klar, aber – das als positiv zu interpretieren muss schon einige Anstrengung gekostet haben). Die Atreus-Verbindung wird in der dritten Story vom Autor bestätigt.
Was mich zu dem Zeitpunkt besonders interessierte: Was, wenn da mal einer ausgeschert wäre, die „schrecklichen Zwecke“ der Tragödie und damit Herrschaft, Ruhm und Verantwortung an den Nagel gehängt hätte (tut keiner im Roman)? Und wie wäre das als Effekt in DUNER möglich? Wäre sowas nicht überhaupt Wahnsinn in einer Immowelt? Einmal Nein sagen zum Narrativ? Warum geht das nicht? Ich stellte die Frage den Krassmachern (ich habe den Kontakt wegen einem früheren Interview) … und deren Antwort? „Wieso glaubst du, das geht nicht?“
Es gibt also Auswege aus der Tragödie in DUNER! Ich werde mich auf die Suche machen … falls eine/r von euch das schafft, berichtet uns davon! Und noch ein letzter Gedanke am Ende, da ich so von der Chapa schwärmte. Eine der Grundlagen der Storyworld ist der Butlerian Jihad, und das Gebot: „Du sollst keine Maschine nach dem Vorbild des menschlichen Geistes bauen“; das fällt in DUNER unter den Tisch. Seltsam, ist doch die KI-Abhängigkeit heute ein oft besprochenes Thema …